INHALT
Von außen ist das Versteck zwischen Büschen und Bäumen nicht zu sehen. Jeden Tag begegnen sich dort ein junges Mädchen und ein deutlich älterer Mann. Die magnetische Geschichte einer Beziehung, die nicht vorgesehen ist – und ein doppelbödiger Roman, in dem vieles anders ist, als es scheint.
Alles beginnt im Spätsommer, in einem Park. Als er plötzlich vor ihr steht, fühlt sie sich überrumpelt. Quasi ist »quasi vierzehn« und schwänzt nicht zum ersten Mal die Schule. Der Alte ist freundlich, schüchtern fast, gar nicht wie die anderen Männer, denen sie schon begegnet ist.
Am nächsten Tag kommt er wieder. Der Alte liebt nichts mehr als Vögel und die Musik von Nina Simone, arbeiten will er nicht. Quasi glaubt, allein zu sein in der Welt, die Gleichaltrigen sind ihr fern und fremd. Sie findet sich uninteressant, wäre gern abenteuerlustiger, vielleicht verführerischer. Den Alten scheint das nicht zu kümmern. Aber was steckt dann hinter den »falschen Verdächtigungen«, von denen er erzählt? Tage und Wochen vergehen so: redend und schweigend im Gebüsch, und zugleich wächst die Gefahr, entdeckt zu werden – von den Eltern, der Schulbehörde oder anderen Parkbesuchern. Quasi weiß, dass etwas passieren muss … Reduziert und mit beunruhigender Unterströmung erzählt dieser kurze Roman von zwei Außenseitern – und nähert sich langsam dem Tabu einer Beziehung, an der alles verdächtig, ja fast unerträglich erscheint.
DER ERSTE SATZ
Beim ersten Mal ist sie so überrumpelt, dass sie bei seinem Anblick zusammenzuckt.
MEINE MEINUNG
Allein der Klappentext lässt einen sich unwohl fühlen, denn bereits nach dieser Beschreibung hat man bestimmte Erwartungen und Bilder im Kopf, wie die Handlung verlaufen wird, welches Ende und welche Folgen diese Begegnung haben wird. Doch die Autorin Sara Mesa bricht mit diesem Buch ein Tabu: Freundschaften mit großem Altersunterschied. Sie lässt den Leser zuerst rätseln, ihn raten, was nun geschehen wird, lässt ihn dieses unangenehme Gefühl aushalten und nimmt nach und nach durch mehr Informationen etwas davon weg.
Was übrig bleibt, ist die Erkenntnis, wie sehr uns durch die Gesellschaft geprägte Tabus einnehmen und wie wir uns direkt ein eigenes, oberflächliches Bild machen, ohne die Gesamtheit der Fakten in Betracht zu ziehen. Diese Geschichte von zwei Außenseitern, die sich trotz aller Umstände anfreunden und trotz aller Skepsis gegenüber Menschen und der Welt sich öffnen,Vertrauen aufbauen und aber auch auf seltsame Art versuchen, sich umeinander zu kümmern.
Sara Mesa hat einen wunderbaren leicht zugänglichen Schreibstil, der es einem ermöglicht, direkt in die Geschichte einzutauchen und eine Bindung zu der pubertierenden Quasi und dem schrulligen Alten aufzubauen. Quasi, die gar nicht erwachsen werden will und sich in ihrem Körper, ihrem Leben einfach unwohl fühlt, da sie glaubt, überall anzuecken. Der Alte, der gar nicht so alt ist, aber seltsame Eigenarten besitzt und vielleicht einfach nur einsam und etwas zurückgeblieben ist, da er aus einem Umfeld stammt, dass ihn schon dafür prädestinierte, es im Leben alles andere als leicht zu haben.
Das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil steht die (entstehende) Freundschaft der beiden im Fokus, im zweiten das Danach, der die im ersten Teil angedeuteten Dinge und offenen Fragen beantwortet. Dadurch dass man als Leser deutlich mehr Wissen als Quasis Umfeld besitzt stellt man fest, dass Manches nicht hinterfragt wird, sondern Annahmen direkt als Tatsachen gelten. Dass Vorurteile eine immense Rolle spielen, wie wir unsere Umwelt wahrnehmen und wie wir bestimmte Situationen beurteilen. Und dass wir ganz schnell voreingenommen sind, anstatt beide Seiten der Medaille zu beleuchten.
FAZIT
Ein kurzweiliges, tiefgründiges Lesevergnügen, das mich auch nach dem beenden beschäftigt hat. Sara Mesa hat einen tollen Roman geschaffen, der sich der Frage annimmt, was ein tabu wirklich ausmacht. ganz klare Leseempfehlung.
4 / 5 Herzchen
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