Ich bin Linus (Linus Giese) 224 Seiten | € 15,00 [D] | broschiert | Herzensbuch Verlag (Rowohlt) | pustet.de |
INHALT
Eigentlich ahnt er es seit seinem sechsten Lebensjahr. Doch aus Sorge darüber, wie sein Umfeld reagieren könnte und weil ihm Begriffe wie trans, queer, nicht-binär fehlen, verschweigt Linus lange, wer er wirklich ist. Mit dem Satz «Ich bin Linus» beginnt im Sommer 2017 sein neues Leben, das endlich nicht mehr von Scham, sondern Befreiung geprägt ist. Offen erzählt Linus Giese von seiner zweiten Pubertät, euphorischen Gefühlen in der Herrenabteilung, beklemmenden Arztbesuchen, bürokratischen Hürden, Selbstzweifeln, Freundschaft und Solidarität, von der Macht der Sprache und digitaler Gewalt. Seit seinem Coming-Out engagiert sich Linus für die Rechte von trans Menschen. Vor allem im Netz, aber nicht nur dort, begegnet ihm seither immer wieder Hass. Doch Schweigen ist für ihn keine Option.
DER ERSTE SATZ
Es war Mittwoch, der 4. Oktober 2017, als ich das erste Mal den Namen sagte, den ich mir schon so lange für mich überlegt hatte: Linus.
MEINE MEINUNG
Ich folge Linus seit er damals seinen Starbucks-Becher mit seinem Namen auf Twitter gepostet hat. Dies war auch das erste Mal, dass ich mit dem Thema Transgender und Transidentität in Berührung kam. Zuvor hatte ich mir nie großartig Gedanken über Misgendern und Deadnaming gemacht, sodass ich, indem ich Linus auf Twitter folgte, einiges dazulernet und auch Zeuge wurde, wie er diskriminiert, beleidigt und bedroht wurde, einfach nur weil er der ist, der er ist.
Umso gespannter war ich auf seinen Debütroman, in dem er seine Geschichte erzählt. Von der qualvollen Pubertät, von seinem inneren Outing, von der Reaktion seinem Umfeld, die Freundschaften die zerbrechen und die er neu schließt. Von seinem Umzug nach Berlin, von dem Sich-Verloren-Fühlen. Und der Erleichterung als er endlich die zweite Pubertät durchleben darf.
Dieses Buch war eine Achterbahnfahrt der Gefühle, denn der Autor schildert schonungslos ehrlich alles, was ihm auf dieser »Reise« (die noch lange nicht zu Ende ist) widerfahren ist. Seine Einblicke sind verdammt intim, schmerzhaft und an nicht wenigen Stellen wollte ich ihn einfach nur in den Arm nehmen und trösten. Denn mit dem Hass, der von intoleranten dummen Menschen von außen kommt, kommt der Selbsthass, die Dysphorie gegenüber des eigenen Körpers. Ich konnte dem so gut nachfühlen, habe Wut empfunden, als Linus Privatsphäre absolut missachtet wurde (weil Menschen absolut widerlich sind), mich für ihn gefreut, als er endlich einen Termin für die Mastektomie hatte und er immer häufiger als Mann gelesen wurde.
Das Buch ist in kurze Kapitel unterteilt, die zum Teil chronologisch sind, aber auch diverse Lebensbereiche abdecken, die Linus als Mann neu entdecken musste/durfte. Somit konnte man als Leser dem Geschehen sehr gut folgen. Der angenehme Schreibstil hat mich durch das Buch fliegen lassen, sodass ich es innerhalb zweier Abende beendet habe.
Neben seinen Erfahrungen klärt der Autor noch über die verschiedensten Dinge auf und bezieht sich dabei auch auf die Berichte/ Bücher von Nicht-binären Autor*innen. Was ist Deadnaming und warum ist dieser so verletzend? Was hat es eigentlich mit den ganzen Pronomen auf sich? Und welche Fragen sind gegenüber trans Personen absolut grenzüberschreitend? Alles Dinge, über die man sich als cis Person Gedanken machen sollte!
Ein wunderbares Porträt einer Selbstfindung, das mit Authentizität und ganz viel Gefühl überzeugt. Ich kann dieses Buch jedem empfehlen, der sich näher mit dem Thema auseinandersetzen möchte (um ein richtiger Ally zu werden!)
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