Freitag, 23. April 2021

GENUG (Louise Juhl Dalsgaard)

GENUG (Louise Juhl Dalsgaard)
192 Seiten | € 20,00 [D] | Hardcover | 4,5 Herzchen
Verlag (Picus) | pustet.de

INHALT
Nach einem mit Bravour absolvierten Schulabschluss entgleist das Leben einer jungen Erwachsenen, die sich in der Obsession verfängt, weniger werden zu wollen. Innerhalb eines Jahres verliert sie mehr als die Hälfte ihres Körpergewichts. Was folgt, sind wiederholte Aufenthalte in Kliniken und ein mühevoller Weg zurück. Louise Juhl Dalsgaards poetische und wunderbar verwickelte Erinnerungstableaus erzählen von dem problematischen Verhältnis zu den Eltern, von Enttäuschungen, aber auch von herzerwärmenden und komischen Momenten. Anhand nüchterner Krankenakten skizziert sie das durchaus hoffnungsvolle Bild einer Genesung. Zugleich unsentimental und gefühlsgeladen, voll Wärme und Leben: Ein eindrucksvoller und immer wieder erstaunlich humorvoller Roman über eine Frau, der das Leben beinahe entgleitet.

DER ERSTE SATZ
Ich vertraue meine Geheimnisse einem Stein an, dann grabe ich ihn ein, weit weg, ich habe Angst, dass er sich verplappert.

MEINE MEINUNG
Dieses Buch habe ich als Leseexemplar von einem Vertreter des Picus-Verlag bekommen (falls Sie das lesen: vielen Dank nochmals!) und da mich der Klappentext als auch das Format des Buches ansprach- klein, handlich, dünn- habe ich meine aktuelle Lektüre unterbrochen und bin in das Leben einer jungen Frau eingetaucht, die sich selbst verloren hat.
Erzählt wird die Geschichte durch Arztberichte, Gesprächsprotokolle, Tagebucheinträge und Erinnerungen, sodass sich das Porträt einer komplexen psychischen Erkrankung ergibt. Besonders auffallend war der metaphorische, künstlerische Schreibstil der Autorin. In anderen Büchern wäre mir dieser zu »unecht« erschienen, doch hier war er erstaunlich authentisch und passend, sodass man hier sogar fast von einem autobiografischen Bericht ausgehe könnte (diesbezüglich habe ich aber keine weiteren Informationen gefunden). Man leidet mit der namenlosen Protagonistin mit, spürt ihre Verzweiflung, wie sie versucht wieder eine Verbindung zu ihrem gepeinigten, ausgemergelten Körper zu bekommen, aber als Außenstehender sieht man die toxische Beziehung zu de Eltern, das verhalten, das diese Selbstdestruktivität aufrecht erhält.
Es zeigt sich sich eine privilegierte Kindheit, die aber von wenig Empathie geprägt ist, von einem verdrehter Art der Liebe, eine Orientierungslosigkeit nach dem Schulabschluss und der Versuch wieder Kontrolle zu erlangen, der aber in einer Abwärtsspirale endet.
Das Buch hat mich nicht los gelassen, sodass ich es innerhalb zwei Tage beendet habe, wobei ich beim Lesen immer wieder pausieren musste, um das Geschehen sacken zu lassen, da die Schilderungen derart intensiv und intim sind.
Für manche mag das offene Ende unbefriedigend sein, doch für mich hat sich durch das erste und letzte Kapitel- beides kurze Tagebucheinträge- eine schöne Ringkomposition ergeben, die zeigt, dass es im Leben nicht immer einen »Abschluss« gibt. Dass manche Dinge einfach enden, ohne, dass man dies direkt spürt. Dass diese Dinge einfach vorbeiziehen und vergehen.

Noch eine kurze Anmerkung: Dieses Buch behandelt Themen wie Depressionen, Essstörungen und Suizidalität und sollte deshalb nur gelesen werden, wenn man mit diesen Thematiken umgehen kann!

FAZIT
Ein kurzes, außergewöhnliches Buch, das ich gerne weiterempfehle. Louise Juhl Dalsgaard hat eine wunderbar intimes Porträt geschaffen, das den Leser nicht mehr loslässt.
4,5 / 5 Herzchen

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