Freitag, 28. August 2020

Der Report der Magd (Margaret Atwood)

Der Report der Magd (Margaret Atwood)
416 Seiten | € 12,00 [D] | broschiert | 4 Herzchen
Band eins von zwei
Verlag | pustet.de 

INHALT
Die provozierende Vision eines totalitären Staats, in dem Frauen keine Rechte haben: Die Magd Desfred besitzt etwas, was ihr alle Machthaber, Wächter und Spione nicht nehmen können, nämlich ihre Hoffnung auf ein Entkommen, auf Liebe, auf Leben ...

DER ERSTE SATZ
Wir schliefen in dem Raum, der einst die Turnhalle gewesen war.

MEINE MEINUNG
Wie ich auf diesen Roman aufmerksam geworden bin? Vor Jahren habe ich einen Trailer zu der darauf basierenden Serie gesehen und war verstört und gleichzeitig fasziniert von dem Welten-Konzept, das dort porträtiert wurde. Vor einigen Monaten war dann Der Report der Magd auf Amazon Prime verfügbar und nach den ersten beiden Folgen war mir klar: ich muss das Buch dazu lesen. Gesagt, getan.
Vorweg sei gesagt, dass sich dieses Buch nicht so lesen lässt wie ein klassischer Roman. Die Magd Desfred beschreibt ihr Leben, das Jetzt in der totalitären Gesellschaft und das Vorher, das, was wir als normales, durchschnittliches Leben bezeichnen würden. Die Entwicklung der USA zu dem Staat Gilead war absolut glaubwürdig und könnte meines Erachtens wirklich so geschehen, was Desfred Geschichte nochmal einen ganz anderen Beigeschmack gibt.
Desfred erzählt von ihrem Alltag, ein sich ständig wiederholender Kreislauf ohne Freiheit, eigene Meinung oder Wohlstand in einer Gesellschaft, die von religiösem Fanatismus, extremen Wohlstand und Unterdrückung von Frauen geprägt ist. Einkaufen, Spaziergänge, Geburten, das Ritual (Geschlechtsverkehr um die Magd zu schwängern)- alles Vorgänge, die äußerst nüchtern beschrieben werden und gleichzeitig verbirgt sich zwischen den Zeilen eine solche Wut auf die Umstände, auf diese Gefangenschaft, die Trauer um das Leben, das man verloren hat, die permanente Angst etwas Falsches zu tun oder zu sagen um dann dem Tod geweiht zu sein. Das eigene Handeln ist ein ständiger Balance-Akt, zwischen Gehorsam und Wahrung der eigenen Identität, denn zu leicht wäre es, sich selbst zu vergessen und aufzugeben. Desfred ist ein sturer Charakter, der genau dies nicht tun will und von einem starken Überlebenswillen geprägt ist. Ihre Erzählung ist subjektiv und doch bekommt man als Leser einen sehr guten Einblick in die gesellschaftlichen Strukturen.
Dieses Gesellschaftskonstrukt hat Hand und Fuß und basiert auf der Bibel, beziehungsweise rechtfertigt die neue Regierung ihr Handeln und Vorgehen durch Religion und die dazugehörigen Worte in der Heiligen Schrift. Was zunächst befremdlich wirkt, wird in den Rückblenden erklärt, wie nach und nach das typische amerikanische Leben außer Kraft gesetzt wurde.
Margarte Atwoods Schreibstil ist besonders: zu einem anspruchsvoll, dann wiederum äußerst primitiv und vulgär- eine spannende Mischung, die das Leseerlebnis abwechslungsreich gestaltet. Die Spannung ist immer indirekt vorhanden, da hinter jedem Handeln Gefahr steckt, hinter jedem gesprochenen Wort eine (An-)Drohung verbirgt. Nichtsdestotrotz hat es sich an manchen Stellen gezogen, weshalb es auch ein Herzchen Abzug gibt. 

FAZIT
Ein außergewöhnlicher Roman, der vollkommen zurecht so viel Aufmerksamkeit bekommt. Margaret Atwood hat eine realistische, verstörende Zukunftsvision geschaffen. Ich kann dieses Buch nur empfehlen und werde auch den zweiten Band lesen.
4 /5 Herzchen

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