Montag, 28. Februar 2022

Vista Chinesa (Tatiana Salem Levy)

Vista Chinesa (Tatiana Salem Levy)
130 Seiten | € 22,00 [D] | Hardcover | 4 Herzchen
Verlag: Secession* | pustet.de

INHALT
Rio de Janeiro, 2014. Die Fußballweltmeisterschaft wird in Brasilien ausgetragen, die Olympischen Spiele 2016 werden folgen. Eine Atmosphäre voller Hoffnung und Euphorie prägt die Stadt. Júlia, eine junge Architektin, ist beauftragt, ein Projekt für das große Sportereignis zu realisieren. Kurz vor ihrer Präsentation im Rathaus läuft die begeisterte Joggerin zum berühmten Aussichtspunkt Vista Chinesa. Plötzlich spürt sie eine Waffe am Kopf und wird in die Tiefen des Regenwaldes gezwungen. Noch während der Mann sie vergewaltigt, rechnet sie mit ihrem Tod. Doch sie überlebt. Dem persönlichen Schmerz stehen die korrupten Polizeibeamten gegenüber, denen weniger an der seelischen Verfassung der jungen Frau gelegen ist als am Erfolg ihrer Fahndung. .Júlia entscheidet, der Polizei nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Jahre später ist sie Mutter zweier Kinder. Sie spürt, sie muss ihnen erzählen, was ihr widerfahren ist, und vertraut sich ihrer Freundin Tatiana Salem Levy an. Gemeinsam machen sich die beiden Frauen an die Arbeit. Entstanden ist ein Buch, das mit äußerstem Feingefühl und so detailliert wie behutsam die wahre Begebenheit einer Vergewaltigung schildert. Vor dem Hintergrund des von Korruption geprägten Brasiliens wird die politische Dimension der Geschehnisse sichtbar.

DER ERSTE SATZ
Antonia und Martim, meine Lieben,
während ihr euch gerade einen Zeichentrickfilm anschaut, fragte ich mich, wie ich diesen Brief beginnen soll.

MEINE MEINUNG

Gerade mal circa 130 Seiten umfasst dieses Buch. Und doch ist es inhaltlich dicht gewebt, voller Intensität. Als Leser*in wird man Zeug*in eines Traumas, das zunächst von der Protagonistin nur angedeutet, dann aber in den Flashbacks, die sie durchlebt, immer detaillierter und graphischer beschrieben werden, sodass sich nach und danach die Tortur, die ihr widerfahren ist, offenbart. Dies ist definitiv nichts für sensible Leser*innen und wem diese Erzählungen zu extrem, im Sinne von unrealistisch erscheinen, sollte wissen, dass diese auf einer wahren Begebenheit beruhen, denn das Ganze ist einer sehr guten Freundin der Autorin passiert. Der Klappentext hat mir irgendwie suggeriert, dass der Fokus vor allem auf dem korrupten Polizei liege, an der Nicht-Bemühung den Täter zu fassen, dabei geht es hier wirklich um die Bewältigung des Traumas. Wie die Protagonistin versucht, wieder zurück ins Leben zu finden, ihre (sexuelle) Selbstbestimmung zurück zu erlangen und auch wenn die dabei auch außergewöhnliche Dinge probiert, so waren ihr Wunsch und das Bedürfnis, das Geschehene irgendwie hinter sich zu lassen, stets greifbar. Besonders schön zu sehen war, wie ihr Freund, später Mann die dabei unterstützt. Interessant ist auch die Form gewählt, die dieser Roman hat.

Es ist ein Brief der Protagonistin an ihre Kinder, in dem sie sich alles, wirklich alles von der Seele schreibt. Ob die Kinder diesen Brief je erhalten werden, erfährt man nicht, nur, dass die Protagonistin doch irgendwie wieder zurück in ihr Leben gefunden hat. Und das ist genug.


FAZIT

Ein kurzes, aber schweres Buch für zwischendurch, dass voller Grauen, Intensität und innerer Stärke ist.

4 / 5 Herzchen

* wird noch verlinkt

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