Samstag, 15. Juli 2023

Wintermädchen (Laurie Halse Anderson)

Wintermädchen (Laurie Halse Anderson)
386 Seiten | € 7,99* | 5 ♥︎
Verlag: Ravensburger 

INHALT
Die Freundinnen Lia und Cassie haben sich geschworen, die dünnsten Mädchen der Schule zu werden. Nun ist Cassie tot. Für Lia bricht eine Welt zusammen. Und die Stimme in ihrem Kopf, die ihr befiehlt zu hungern, wird immer lauter ...

DER ERSTE SATZ
Und dann sagt sie es mir, Wörter und Cranberrymuffin krümeln aus ihrem Mund, die Kommas fallen ihr in den Kaffee.

MEINE MEINUNG
Vorweg sei gesagt: Dieses Buch war grandios. Aber: definitiv nicht für Leser*innen die gerade nichts psychisch stabil sind, denn behandelt werden wirklich keine leichten Themen.
TW: Essstörungen, Trauer, selbstverletzendes Verhalten, Halluzinationen, Depressionen
Lias Geschichte geht unter die Haut. Denn es ist nicht nur die Geschichte einer Jugendlichen, die an Anorexie erkrankt ist und ihre beste Freundin verloren hat, nein, es zeigt, wie komplex psychische Erkrankungen sind und das man sich nicht eben so einfach "entscheiden kann" gesund zu werden, sondern dass dort auch so viele äußere Faktoren das Aufrechterhalten von destruktiven Verhaltensweisen begünstigen.
Denn selbst als Cassie stirbt- eben an Bulimie- ist Lias erster Instinkt nicht, ihr Essverhalten in den Griff zu bekommen, sondern nachzuforschen, was wirklich passiert ist, woran und wie Cassie wirklich gestorben ist.
Dabei stößt sie schnell an ihre emotionalen Grenzen, denn Cassie sucht sie als "Geist" heim (Stichwort: Halluzinationen), sodass hier auch die Frage entsteht: Wer trägt die Schuld, wenn zwei Teenager sich zu Tode hungern?
Die Trauer und die Wut und den Hass auf Cassie werden sehr eindrücklich geschildert, denn wie geht man mit dem Verlust einer Person um, der man sehr nah gestanden hat und mit der man sich aber auch bewusst dafür entschieden hat einem unerreichbaren Ideal hinterher zu eifern?
Die Autorin schildert eindrücklich Lias Gedankengänge, die so von Essen und Kontrolle beherrscht und gleichzeitig von dem Wunsch vor der Flucht aus dem eigenen Leben geprägt sind. Denn schließlich ist Essen das einzige was Lia kontrollieren kann und mir als Leserin wurde nach und nach klar, wie ihre zwischenmenschlichen Beziehungen Lias Verhalten beeinflussen.
Besonders rührend war, wie liebevoll sich Lia um ihre Halbschwester Emma gekümmert hat und dabei auch bedacht war ihr in allen Dingen ein gutes Vorbild zu sein- auch beim Essen.
Der Schreibstil der Autorin ist absolut fesselnd. Zum Teil metaphorisch, zum Teil schonungslos ehrlich und graphisch. Denn so wird gezeigt, wie wenig glamourös psychische Erkrankungen wirklich sind, denn heutzutage wird auf Social Media ja alles romantisiert.
Sie zeigt auch, wie schwer es ist, aus dieser Abwärtsspirale herauszukommen und dass es nicht nur den eigenen Willen, sondern auch einen Schlüsselmoment braucht um sein Leben endlich in die Hand nehmen zu können.
Man darf nicht vergessen, dass dieses Jugendbuch bereits 2010 erschienen ist, als solche Themen noch eher tabuisiert und unter den Tisch gekehrt worden sind. Interessant ist hierbei auch, dass die Protagonistin bisexuell ist, auch etwas, was eher selten vorkam.

FAZIT
Ein sehr authentisches und fesselndes Jugendbuch über Essstörungen. Definitiv ein Highlight!
5 / 5 Herzchen


* Diese Preisangabe bezieht sich auf die E-Book-Ausgabe. Die Print-Ausgabe ist nur noch im gebrauchten Zustand erhältlich.

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